Silvia Bendl-Lauditsch übernimmt eine Tabak Trafik in 1230 Wien

  • Trafik Bendl © Bendl Lauditsch
  • Trafik Bendl 1 © Bendl Lauditsch
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  • Trafik Bendl 5 © Bendl Lauditsch
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Wir haben Frau Bendl-Lauditsch auf ihrem Weg zur selbständigen Trafikantin begleitet. In diesem Interview spricht sie über ihre Motivation, ihre größten Herausforderungen und warum sie den Schritt trotz des hohen Arbeitspensums nicht bereut. 

Vielen Dank für ihre Zeit und die Bereitschaft für das Interview.

Wien Work: Stellen Sie sich bitte vor?

Mein Name ist Silvia Bendl-Lauditsch, bin 46 Jahre alt, verheiratet und habe 3 Mädchen. Ich bin gelernte Frisörin und habe vor der Trafikübernahme viele Jahre in der Planung und im Verkauf eines Möbelhauses gearbeitet. Dort war ich zuletzt auch im Betriebsrat und als Behindertenvertrauensperson tätig. Ich bin nun seit fast genau einem Jahr selbständige Trafikantin und sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.

Wien Work: Wie sind Sie auf Idee gekommen Trafikantin zu werden?

Grundsätzlich habe ich dir Information durch meine Schwester erhalten, die in einer Trafik beschäftigt war. Der Vorgänger wollte die Trafik weitergeben und ich habe dort mal geschnuppert. Die Branche und die Arbeiten haben mich sehr interessiert, aber es hat zeitlich noch nicht gepasst.

Durch meine Arbeit als Behindertenvertrauensperson und die Zusammenarbeit mit dem KOBV hat sich die Möglichkeit wieder aufgetan. Für mich war wichtig im Vorfeld schon zu wissen wie alles abläuft. Ich war zuerst einmal bei der MVG und habe mich informiert wie eine Übernahme abläuft. Dort habe ich alle Informationen hinsichtlich eines Übernahmeverfahrens erhalten (Kriterien, Prozedere) und mir wurde eine Liste mit Ansprechpartner*innen übergeben, die auch diverse Beratungsinstitutionen, wie z.B. die Wien Work Gründungsberatung enthalten hat.

Wien Work: Welche Überlegungen haben Sie bei der Trafiksuche angestellt?

Ausschlaggebend für mich war immer der Tabakwarenumsatz. Dann habe ich auf Kosten geschaut, wie z.B. Miete und Mitarbeiter*innen und die Öffnungszeiten. Wichtig war auch, dass ich nicht mehr in ein Gebäude ohne Frischluft und Tageslicht gehen wollte. Daher wäre für mich eine Trafik in einem Einkaufszentrum überhaupt nicht in Frage gekommen.

Ich habe auf die Lage geachtet und das Potential des Geschäftes ausgelotet, also was man aus dem Geschäft noch herausholen kann. Da ich zukünftig viel Zeit im Geschäft verbringen würde, war für mich der „Wohlfühlfaktor“ entscheidend. Als ich mir die Kolbegasse angeschaut habe, hat mir der „ländliche“ Flair sehr gut gefallen. Obwohl ich in Wien in einem recht dicht bewohnten Gebiet bin sind wir hier alle sehr familiär. Wir kennen die Kund*innen mit Namen und sind mit unseren Stammkund*innen alle per „du“. Diese Beziehungen haben wir uns aufgebaut und das macht mir großen Spaß.

Wien Work: Wie erleben Sie die Selbständigkeit?

Es heißt nicht umsonst: „Selbst und ständig“ – es ändert sich sehr viel! Es ist ein großer Unterschied zum Angestelltendasein.

Ich habe es grundsätzlich als sehr befreiend erlebt. Ich habe viel zu tun und arbeite auch mehr als früher, aber ich habe auch die Möglichkeit mir Freizeit einzuräumen und das gestehe ich mir auch zu, dass ich Pausen brauche.

Ich habe Druck raus, weil ich nicht mehr funktionieren muss. Ich funktioniere wie ich kann im Rahmen meiner Erkrankung. Wenn ich große Schmerzen habe, dann habe ich jetzt auch die Freiheit mir Zeit zu geben und Dinge später zu erledigen. Das halte ich für äußerst wichtig, weil ich ja noch viele Jahre arbeiten muss und auch möchte. Ich kann also mehr auf meine eigenen Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Gleichzeitig kann ich meiner Tochter mehr Zeit widmen und besser für sie da sein. Ich habe das Gefühl, dass ich jetzt alles für mich und die Familie mache und nicht mehr für ein Unternehmen. Das ist eine große Erleichterung und Motivation zugleich.

Wien Work: Welche Rolle spielt Ihre Behinderung für Ihre Selbständigkeit?

Für mich war irgendwann klar, dass es so nicht mehr weitergehen kann und eine Veränderung notwendig wird. Meine Erkrankung war für mich auch der Türöffner zur Trafik. Ohne Behinderung bekommt man keine Trafik mehr.

Wien Work: Wie geht es Ihnen jetzt?

Ich bin froh über die Entscheidung. Ich bin gerne Trafikantin und ich bin überzeugt es war die beste Entscheidung meines Lebens.

Wien Work: Wie blicken Sie in die Zukunft?

Sehr positiv! Das Geschäft hat all meine Erwartungen erfüllt. Meine familiäre Situation hat sich deutlich verbessert, weil wir auch finanziell besser dastehen als früher. Wir haben viel mehr Zeit füreinander und sehen uns öfter. Das tut allen gut!

In der Branche ändert sich gerade sehr viel. Die MVG ist stark dahinter neue Produkte in die Trafiken zu bekommen. Das sehe ich sehr positiv. Toll wäre es z.B. wenn wir Hanfprodukte verkaufen dürften. Jugendschutz und Produktsicherheit wäre über das Monopol sichergestellt. Hinzu kommt, dass es eine große Chance für Menschen mit Behinderung ist. Dafür ist der Erhalt des Monopols auch sehr wichtig.

Wien Work: Was war die größte Herausforderung, die Sie zu meistern hatten?

Einfach ist es nie! Die Übernahme war eine große Herausforderung und ich musste meinen eigenen Weg suchen bzw. finden. Mit welchem Kassensystem kommst du zurecht? Mir welcher Warenwirtschaft? Die Abrechnung am Abend… Wie macht man Bestellungen? Es gibt so viel zu lernen und so viel zu meistern und ich finde es sehr wichtig mit den Mitarbeiter*nnen gemeinsam den Weg zu gehen. Da kann es natürlich auch vorkommen, dass man Konflikte hat und diese bewältigen muss. Das muss man auch können.   

Eine der größten Herausforderungen war der Umbau gleich nach der Übernahme. Mir war klar, dass ich sofort umbauen möchte und werde, weil die alte Trafik nicht meinen Vorstellungen entsprach. Ich verbringe viel Zeit im Geschäft und daher ist es mir auch wichtig, dass ich mich dort auch wohlfühle.

Ich habe mich da nicht auf die Aussagen von anderen verlassen. Alle haben mir davon abgeraten sofort umzubauen. Trotzdem bin ich meinen eigenen Weg gegangen. Im Endeffekt musst du selber die Entscheidung treffen, weil es ist ja auch dein Geschäft und du musst viel Zeit dort verbringen.

Wien Work: Ihr größter Erfolg?

Die Tatsache, dass ich so eine gute Trafik gefunden habe, die auch all meine Wünsche und Bedürfnisse erfüllt. Dass ich in die Selbständigkeit gehen konnte und die Trafik erfolgreich weiterführen konnte. Ich leiste meine Abgaben, zahle meine Beiträge und verdienen meinen eigenen Lebensunterhalt. Es ist alles so aufgegangen, wie ich es mir vorgestellt habe. Das sehe ich als großen Erfolg.

Wien Work: Haben Sie Tipps für zukünftige Trafikant*innen?

Informieren, informieren informieren, damit man weiß worauf man sich einlässt! Das ist aus meiner Sicht das wichtigste.

Ich rate allen das Gespräch mit verschiedenen Trafikant*innen zu suchen. Holt so viele verschiedene Meinungen und Erfahrungswerte wie möglich, aber trefft am Ende eure eigene Entscheidung.

Es gibt viele Beratungsinstitutionen wie die MVG, den KOBV, die Wirtschaftskammer oder die Wien Work Gründungsberatung. Alle versuchen auch weiterzuhelfen. Ich finde auch man darf sich nicht scheuen lästig zu sein bis man es verstanden hat oder die Information bekommen hat, die man braucht.

Es ist aus meiner Sicht wichtig verschiedene Optionen auszuprobieren und auszuwählen womit man am besten zu Recht kommt. Stellt sich dann heraus, dass es so nicht gut ist, dann vielleicht doch wieder ändern. Der einfachste Weg muss nicht unbedingt der Beste sein. Ich denke da z.B. an das Kassensystem, das unbedingt meinen Vorstellungen und Anforderungen entsprechen musste. Der Zeitfaktor ist für mich in der täglichen Arbeit entscheidend.

Zu guter Letzt noch ein wichtiger Tipp, den ich erst über meine Bank verinnerlicht habe: „Auch wir gestehen ihnen Fehler zu!“ Dieser Satz meiner Bank hat mir viel Druck genommen und war für mich Augen öffnend.

Wien Work: Wie haben Sie die Unterstützung durch die Gründungsberatung erlebt?

Die Unterstützung war von A bis Z die Beste am Markt. Ich habe alle Informationen bekommen, die ich gebraucht habe. Wenn die Information nicht da war, dann hat sich Herr Weissinger informiert.

Ich habe es als ehrliche und vielfältige Beratung erlebt.  Ich habe positive und negative Informationen erhalten und somit ein realistisches Bild von dem was mich erwartet. Mir wurde auch nicht erzählt was ich hören wollte, sondern eine objektive Einschätzung. Ich greife noch immer gerne auf die Einschätzung von Herrn Weissinger zurück.

Besonders geschätzt habe ich die Unabhängigkeit der Gründungsberatung und ich bin der Meinung, dass sie unbedingt aufrechterhalten werden muss. Die Begleitung endet auch nicht mit der Gründung, sondern man kann sich auch noch nach der Gründung mit diversen Anliegen an Wien Work wenden.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Herr Weissinger hat sich immer Zeit für mich und meine Anliegen genommen. Ich habe mich gut betreut und beraten gefühlt und konnte auf dieser Basis eine gute Entscheidung für mich treffen. Die Begleitung war immer von großer Wertschätzung getragen und ich kann es nur jedem*r empfehlen sich bei Wien Work beraten zu lassen. Besonders hervorheben möchte ich noch das große Branchen Know-How von Herrn Weissinger.

Vielen Dank für das Interview.

 

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