Hana Loris übernimmt eine Trafik in 1060 Wien

  • Loris Trafik 3 © Hana Loris
  • Loris Trafik 1 © Hana Loris
  • Loris Trafik 2 © Hana Loris
  • Loris Trafik 4 © Hana Loris
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Frau Loris hat lange Zeit vergeblich versucht eine Trafik zu bekommen. Mit Unterstützung der WienWork Gründungsberatung hat es letztlich geklappt. Wir freuen uns sie und ihre Trafik hier vorstellen zu dürfen und freuen uns, dass sie mit ihrer neuen Aufgabe zufrieden ist. 

 

Vielen Dank für ihre Zeit und die Bereitschaft für das Interview.

Wien Work: Stellen Sie sich bitte vor?

Mein Name ist Hana Loris, ich bin 47 Jahre alt, verheiratet und habe drei Kinder. Ich komme ursprünglich aus Ägypten und bin seit 2007 in Österreich. In meinem Land habe ich als Kosmetikerin und Make-Up Artist gearbeitet.

Ich bin nach Österreich gekommen, weil ich meinem Mann nachgefolgt bin. Ich habe lange Zeit versucht meine alte Arbeit auch in Österreich auszuüben, aber ich hatte keine Möglichkeit eine Arbeit zu finden. Alle Firmen wollten Berufserfahrung aus Österreich haben. Daher habe ich meinen Weg woanders gefunden. Im Jahr 2015 bin ich erkrankt und habe einen Behindertenpass bekommen.

Wien Work: Bitte beschreiben Sie Ihren Weg zur Trafikantin und was Sie alles erlebt haben?  Wie sind Sie auf Idee gekommen Trafikant zu werden?

Eine gute Freundin hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich mit dem Behindertenpass die Möglichkeit habe eine Trafik zu übernehmen. Ich wollte ja eigentlich meinen alten Beruf weiter ausüben, aber ich habe keine Chance bekommen. Dann habe ich mich neu orientiert. Der Pass war für mich wie ein neues Licht, wie eine Chance. Das hat mir Hoffnung gegeben weiterzugehen.

Ich habe lange Zeit versucht auf eigene Faust eine Trafik zu bekommen. Das hat sich als sehr schwierig herausgestellt. Eine Trafik in Floridsdorf wurde abgelehnt. Nach einem Jahr Suche habe ich schon fast aufgegeben, weil ich immer wieder Probleme mit der Bank hatte. Aber ich habe immer wieder in die Liste der freien Trafiken geschaut und bei Trafikant*innen angerufen. Als letzten Schritt habe ich versucht eine Ausschreibung zu gewinnen. Einmal war ich zu spät dran und habe die Bewerbungsfrist verpasst und daher nicht rechtzeitig alle Unterlagen eingereicht.

2016 war erstmalig bei der MVG und 2019 habe ich dann auf eine Bewerbung endlich den Zuschlag bekommen. Ich hatte Angst vor den Ausschreibungen, weil ich habe befürchtet, dass ich nie eine bekommen werden. Die Trafik war recht günstig, daher habe ich mich dann doch getraut. Als ich dann die Zusage bekommen habe, hat sich mein Traum erfüllt, gleichzeitig habe ich Angst bekommen vor der neuen Herausforderung. Ich würde bald selbständig sein!

Wien Work: Wie haben Sie den Kurs erlebt? Was hat Ihnen geholfen diesen zu meistern?

Das Seminar war sehr schwierig für mich. Meine Deutschkenntnisse waren grundsätzlich gut, aber im Kurs gibt es zum einen viele Fachbegriffe, die für mich neu waren und zum anderen haben die Teilnehmer*innen aus den Bundesländern Dialekte gesprochen, die mir das Verstehen erschwert haben. Nach dem Kennenlernen dann waren die Befürchtungen schon weg und wir hatten viel Spaß im Kurs. Wir waren beinahe wie eine Familie. Die Inhalte waren auch nicht einfach: ich hatte bisher keine Erfahrung mit Buchhaltung und Personalverrechnung.

Ich habe mich dann daran gewöhnt. Immer wenn etwas Schwieriges vor mir liegt, dann sage ich mir: die anderen haben es auch geschafft, also wird es mir auch gelingen. Ich muss mich nur vorbereiten und lernen und dann wird es klappen. Das beruhigt mich dann immer. Die Praktika beim KOBV und einer befreundeten Trafikantin haben mir sehr geholfen! Mir war es wichtig die Arbeit und die Branche kennenzulernen und sie hat mir viel weitergeholfen.

Ein Monat nach dem Kurs stand die Prüfung an. Ich habe viel gelernt und mein Mann hat mich dabei sehr unterstützt. Ich konnte ein Monat an nichts anderes denken als die Prüfung. Das war eine sehr anstrengende Zeit. Mein Betreuer bei der MVG hat mich immer beruhigt und gemeint er ist davon überzeugt, dass ich es schaffen werde.

Am Anfang bei der Prüfung waren wir alle sehr anspannt. Es ging ja auch um viel: unsere Zukunft. Als ich die Fragen gesehen habe, hatte ich große Zweifel, ob ich das wirklich schaffen werde, weil es so viele Fragen waren. Ich habe zuerst die Fragen beantwortet, die ich wusste und dann erst habe ich mich mit den Fragen beschäftigt, bei denen ich mir unsicher war. Bei einigen Fragen musste ich raten, weil ich die Antwort nicht wusste. Abschließend musste ich die Antworten noch übertragen, was auch noch eine Fehlerquelle darstellt.

Meine Anspannung war sehr groß, ob ich es schaffen werde. Ich habe die Prüfung dann mit gutem Erfolg geschafft! Drei aus unserem Kurs haben es nicht geschafft, die haben aber eine zweite Chance. Danach haben wir das Diplom erhalten und gemeinsam gefeiert.

Wien Work: Welche Überlegungen haben Sie bei der Trafiksuche angestellt?

Wenn ich jetzt nach einer Trafik suchen würde, dann würde ich zuerst einmal auf den Umsatz schauen und auf die Umgebung. Stammkund*innen aus der Nachbarschaft sind gut, aber auch die Lage ist wichtig. Jetzt würde ich nach einem Supermarkt, einer Haltestelle etc. suchen. Im Geschäft selbst kann man immer was verändert und verbessern, die Lage ist für immer dieselbe.

Wichtig sind auch die Ausgaben wie Miete, Personal, Strom, etc. Das sollte man sich auch gut anschauen, weil es bestimmt, was am Ende übrigbleibt.

Wien Work: Wie geht es Ihnen jetzt?

Ich führe die Trafik nun seit fast einem Jahr alleine. Ich hatte einen geringfügigen Mitarbeiter, der hat aufgehört. Jetzt habe ich einen Studenten als Aushilfe. Ich bin nun seit fast 1,5 Jahre selbständig und habe mich an die neuen Herausforderungen gewöhnt. Anfangs war es schwierig für plötzlich für alles selbst verantwortlich zu sein. Das war eine große Umstellung für mich, genauso wie das frühe Aufstehen.

Es hat auch einige Zeit gedauert bis mich die Kund*innen angenommen haben und wieder zurückgekommen sind. Jetzt geht es uns gut, weil wir ein höheres Familieneinkommen haben. Eventuell werde ich mich in einigen Jahren um einen neuen Standort bewerben.

Positiv ist auch, dass die Trafikenbranche als eine der wenigen von Corona nicht betroffen ist. Wir hatten die ganze Zeit offen und konnten teilweise Umsatzsteigerungen erzielen.

Wien Work: Was war die größte Herausforderung, die Sie zu meistern hatten?

Die erste große Herausforderung war eine Finanzierungszusage von einer Bank zu bekommen. Ich habe sehr viel probiert und niemals eine Zusage bekommen, weil ich keine Eigenmittel hatte. Das war sehr frustrierend und hat mich entmutigt. Als ich es dann endlich geschafft hatte, dann galt es noch die Prüfung zu meistern.

Wien Work: Ihr größter Erfolg?

Mein größter Erfolg war die Prüfung schaffen. Da es nur zwei Chancen gibt, wäre ich schon sehr nervös gewesen, hätte ich die 1. Chance nicht gepackt.

Ich habe aber auch einen persönlichen Erfolg: seit ich die Trafik habe sind keine Angst und Unsicherheit mehr da. Ich traue mich an eine größere Trafik ran. Ich habe schon Erfahrung und viel gelernt und dadurch Selbstvertrauen gewonnen.

Wien Work: Haben Sie Tipps für zukünftige Trafikant*innen?

Ich halte es für wichtig, dass man als Trafikant*in Erfahrung mit Menschen und Erfahrung im Kund*innenumgang hat. Diese Fähigkeiten sind in der täglichen Arbeit enorm wichtig, weil man ja tagein und tagaus mit Menschen zu tun hat.

Ein ägyptisches Sprichwort sagt: „Wenn man lernt muss man bezahlen!“ Es bedeutet so viel wie: „alles hat seinen Preis.“ Und das trifft natürlich auch auf die Selbständigkeit und die Trafik zu. Ich habe meine finanzielle Situation verbessert, aber trage dafür größere Verantwortung und muss auch viel Zeit investieren. Es hat mir bei meiner Entscheidung Trafikantin zu werden auch sehr viel geholfen zu wissen was ich verlieren kann.

Ich hatte eine gute Gesprächsbasis mit dem Vorgänger. Er hat mir viel bei der Übernahme geholfen und mich gut vorbereitet. Das war eine wertvolle Unterstützung v.a. in der schwierigen Anfangsphase. Heute kommt er noch immer gerne ab und an vorbei um „Hallo“ zu sagen.

Wien Work: Wie haben Sie die Unterstützung durch die Gründungsberatung erlebt?

Ich habe sehr viel Informationen erhalten und immer gute Beratung bekommen. Herr Weissinger hat sich viel Zeit genommen und mir alle meine Fragen beantwortet und erklärt. Er hat mich auch bei der Förderung begleitet und mir da weitergeholfen.

Mir war immer wichtig, dass ich einen Ansprechpartner habe, wenn ich nicht mehr weiterweiß und Fragen habe. Die Informationen und Erfahrungen haben mir geholfen dann eine Entscheidung zu treffen.

Ich bin dankbar, weil Herr Weissinger für mich immer erreichbar war, wenn ich was gebraucht habe. Das war sehr wertvoll für mich. Ich habe auch viele Freunde und Bekannte an WienWork empfohlen.

Wien Work: Gibt es noch letzte Worte?

Ich bedanke mich sehr herzlich bei meinem Mann und meinen Kindern, beim Vorbesitzer und bei Herrn Weissinger für die Unterstützung. Sie haben Geduld gehabt und mich unterstützt. Das war sehr wertvoll für mich!

Vielen Dank für das Interview.

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