Basem Hegok macht sich mit Nice Price e.U. selbständig!

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Basem Hegok ist 2015 nach Österreich gekommen. Seine Sehbehinderung führte ihn zum Blinden- und Sehbehindertenverband, wo er eine Ausbildung zum Masseur absolviert hat. Er hat dann einige Jahre als Masseur gearbeitet, er wollte aber mehr erreichen. So ist er gemeinsam mit einem guten Freund auf eine Marklücke gestoßen, die er mit seinem Unternehmen Nice Price e.U. bearbeitet. Im Interview berichtet er über seine Gründungserfahrung als Mensch mit Sehbehinderung und welche Herausforderungen aber auch Erfolge er erfahren konnte. 

Wienwork: Hallo Herr Hegok, danke für Ihre Zeit. Bitte stellen Sie sich vor? Was machen Sie?

Mein Name ist Basem Hegok und ich habe mich letzten Herbst mit einem Großhandelsunternehmen mit Waren aller Art selbständig gemacht. Wir verkaufen Haushaltswaren, Geschenkartikel, Dekoration, Spielzeug und in Zukunft sind auch noch Textilwaren geplant. Auf dem Papier bin ich seit August selbständig, aber die erste Lieferung ist erst im November eingetroffen. Seither bin ich als Großhändler tätig. Wir haben einen Showroom hier im 23. Bezirk wo sich die Kund:innen unsere Waren ansehen können und ein großes Lager in Niederösterreich. Am Markt treten wir unter dem Namen Nice Price e.U. auf. 

Bevor ich in den Großhandel eingestiegen bin, habe ich als Masseur gearbeitet. Ich habe aufgrund meiner Sehbehinderung eine Ausbildung als Medizinischer- und Heilmasseur beim BSV (Blinden- und Sehbehindertenverband) abgeschlossen und war dann einige Jahre als Masseur beschäftigt. Da ich immer gerne neues lerne und mich weiterentwickle, habe ich Fortbildungen im Bereich Schwangerschaftsmassage und Thaimassage gemacht.

Wienwork: Wie sind Sie auf die Idee mit dem Großhandel gekommen?

Ich habe gemeinsam mit einem guten Freund, dem ich auch vertraue, den Markt in Europa analysiert und die Preise verglichen. Dann haben wir kalkuliert und kein vergleichbares Angebot in Österreich gefunden. Diese Analyse hat uns den Mut gegeben das Projekt zu starten. Wir importieren die Waren direkt aus China und verkaufen sie hier in Österreich weiter.

Ich bin mit der bisherigen Geschäftsentwicklung zufrieden. Wir haben bisher drei 40 Fuss-Container (ca. 12 Meter lang) aus China geliefert bekommen und haben alles verkauft. Der nächste Container ist schon unterwegs. Leider haben sich die Transportzeiten und -kosten in den letzten Wochen durch die Terroranschläge im Roten Meer deutlich erhöht.

Wienwork: Wieso haben Sie sich entschieden sich selbständig zu machen?

Ich hatte mehrere Gründe mich selbständig zu machen. Meine Hauptmotivation war, dass ich der Gesellschaft und auch mir zeigen wollte, dass auch Menschen mit Behinderung etwas leisten und erreichen können. Ich sehe es auch als große Herausforderung für mich selbst. Kann ich das schaffen? Werde ich erfolgreich sein?

Das Geld war für mich nicht ausschlaggebend. Gerade jetzt in der Aufbauphase verliere ich Geld. Im Job habe ich mehr Geld verdient. Aber ich sehe dieses Projekt auch als Investition in die Zukunft. Ich investiere jetzt Zeit und Geld und wenn sich das Geschäft so entwickelt wie geplant, werde ich in der Zukunft die Früchte meiner Arbeit ernten können.

Wienwork: Wie war der Schritt in die Selbständigkeit?

Viele Sachen waren schwierig. Ich denke da vor allem an die Gesetze und Regelungen in Österreich. Das musste ich alles lernen. Ich will auch nichts falsch machen und keine Probleme mit dem Finanzamt oder der Wirtschaftskammer bekommen.

Meine Herangehensweise ist eigentlich eine andere: ich probiere gerne neue Dinge aus. Ich lerne beim Tun. Das habe ich schon immer so gehandhabt. Und so gibt es auch bei dieser Tätigkeit immer neue Lernfelder für mich im Bereich der Kooperation mit Firmen.  

Ich habe eine persönliche Assistentin, die mich in meiner Arbeit unterstützt. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass uns nicht alle Firmen akzeptieren. Wir lassen uns davon aber nicht unterkriegen und arbeiten weiter. Ich erlebe auch immer wieder, dass andere Firmen ein Problem mit meiner Behinderung haben und mich nicht ernst nehmen.

Wienwork: Wie ist es selbstständig zu sein? Gibt es spezielle Vor- und Nachteile gegenüber einer Anstellung?

Grundsätzlich arbeite ich gerne und bin froh den Schritt gewagt zu haben. Womit ich allerdings zu kämpfen habe ist die schwierige Gesetzeslage und all die Regeln, die zu beachten sind. Ich bin noch dabei alles zu lernen und mich in die Materie einzuarbeiten. Gerade beschäftige ich mich z.B. mit dem Zollamt und den notwendigen Abgaben. Als Mensch mit Sehbehinderung ist es, trotz Assistenz, nicht so einfach das alles zu erlernen.

Ein großer Vorteil ist, dass ich durch die Selbständigkeit mehr Leute kennenlernen und wichtige Kontakte knüpfen kann. Das macht mir Freude und ich merke, dass es mir und meinem Geschäft gut tut.

Positiv sehe ich auch die Möglichkeit der freien Zeiteinteilung. Ich kann selbst entscheiden, wann ich die notwendigen Aufgaben abarbeite. Das hilft mir auch mein Familienleben besser zu organisieren.

Wienwork: Wie sehen Sie in die Zukunft?

Das Jahr 2024 ist noch ein Probejahr, wo ich genau beobachten werde, wie sich Umsatz und Ergebnis entwickeln. Ich denke, dass ich nach dem Jahr abschätzen kann, wie es weitergehen wird. Passt die Entwicklung, dann werden wir weiter machen.

Unser nächster Schritt ist der Aufbau eines professionellen Webauftrittes. Ich plane eine Homepage mit einem Online-Shop. Damit können wir unseren Marketingauftritt professionalisieren und die Information besser streuen. Wie erwarten uns davon neue Kund:innengruppen zu erschließen.

Wienwork: Was ist Ihrer Meinung nach der Schlüssel zum Erfolg?

Um unseren geschäftlichen Erfolg voranzutreiben, sind die folgenden Schritte notwendig und geplant: Ich suche ein geeignetes Geschäftslokal. Dort kann ich meinen Kund:innen unser Angebot besser präsentieren. Ich kann dort aber auch Restposten an Privatkund:innen abverkaufen. Im Einzelhandel ist die Spanne auch besser.

Über den geplanten Webauftritt habe ich oben schon gesprochen. Der Webauftritt ist wichtig für die Außenwirkung. Und wir planen einen schönen Katalog drucken zu lassen und unseren Kund:innen zur Verfügung zu stellen. Ich habe aktuell 400 Produkte im Sortiment. Ich plane eine Ausweitung auf bis zu 5.000 Produkte und da wäre es wichtig, dass wir das gesamte Sortiment präsentieren können. Dazu fehlt uns aber noch das Geld.

Wienwork: Haben Sie Tipps für andere Gründer:innen?

Mein erster und wichtigster Tipp für Gründer:innen ist: Bereitet euch gut auf euer Vorhaben vor. Macht eine Ausbildung oder Fortbildung in dem Bereich, in dem ihr selbständig sein wollt. Macht euch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut und schaut vor allem auf die Themen Steuern und Finanzamt.

Ich würde auch empfehlen eine Kalkulation zu erstellen. Dann habt ihr zum Start einen Fahrplan und Orientierung. Eine Planung ist auch eine gute Entscheidungshilfe.

Ein letzter Tipp, der mir noch wichtig ist: Habt Mut und traut euch!

Wienwork: Was war Ihr größter Erfolg?

Ich möchte an dieser Stelle zwei Dinge nennen: zum einen erfahre ich mehr Respekt und Akzeptanz in der Gesellschaft, seit ich selbständig bin. Das habe ich daran gemerkt, dass die Leute zu mir kommen und mich um meine Meinung fragen. Zum anderen bin ich stolz darauf, in sehr kurzer Zeit viel über den Großhandel und das ganze drumherum gelernt zu haben. Die Einarbeitung und den Aufbau des Fachwissens sehe ich als großen persönlichen Erfolg.

Wienwork: Wie haben Sie die Unterstützung durch die wienwork Gründungsberatung erlebt?

Die Unterstützung durch wienwork war gut und wichtig und ich hoffe, dass sie auch noch weitergeht. Ich plane zukünftig mein Unternehmen in eine GmbH einzubringen und erhoffe mir auch hierzu gute Beratung.

Sollte ich in Zukunft noch weitere Gewerbe anmelden, so hoffe ich auch hier auf weitere Unterstützung. Was mir in der Beratung zu kurz kam, waren Informationen zu Steuern und Abgaben.

Als blinder Mensch brauche ich noch mehr Unterstützung des Blindenverbands. Ich habe dankenswerterweise die Hilfsmittel zur Verfügung gestellt bekommen. Aber ich hätte mir mehr Einschulung auf die einzelnen Programme gewünscht. Das hat mir gefehlt.

Ich würde mir auch wünschen, dass es mehr Unterstützung durch Wiener Wohnen für Unternehmer:innen mit Behinderung gibt. Ich suche schon länger ein Geschäftslokal, aber das Anmieten ist mit vielen zusätzlichen Gebühren, einer Kaution, einer Ablösezahlung und einer Provision verbunden und das ist mir aktuell zu teuer. Ich sehe hier viel Verbesserungspotential und hoffe, dass ich zu einer Verbesserung beitragen kann.

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

 

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