Herr Al Omar eröffnet eine Autovermietung

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Alaa Al Omar, ein Rechtsanwalt aus Syrien, sitzt seit einem schweren Autounfall im Rollstuhl. Sein eigenes Mobilitätsbedürfnis und viele Gespräche mit Betroffenen, haben ihn auf die Idee mit der Autovermietung von barrierefreien Fahrzeugen gebracht. Im Interview erzählt er seine Geschichte.

wienwork: Stellen Sie sich bitte vor?

Hallo, mein Name ist Alaa Al-Omar. Ich komme ursprünglich aus Syrien und bin seit 2016 in Österreich. In Syrien war ich als Rechtsanwalt tätig. Das Studium wird leider in Österreich nicht anerkannt, daher konnte ich hier nicht in meiner Branche arbeiten.

Vor meinem Autounfall war ich in der Paketzustellung tätig. Seit dem Unfall habe ich eine Querschnittlähmung und sitze im Rollstuhl. Anfang 2024 habe ich mich als Einzelunternehmer mit einer Autovermietung selbständig gemacht.

wienwork: Wie sind Sie auf die Idee mit der Autovermietung gekommen?

Ich war schon vor meinem Unfall sehr an Fahrzeugen und dem Thema Mobilität interessiert. Ich hatte in der Branche gute Kontakte von Freunden und Bekannten und konnte dadurch bereits wichtige Erfahrung vor der Gründung sammeln.

Mein Bedürfnis nach Mobilität hat sich auch nach dem Unfall nicht verändert. Ich habe in der REHA und auch danach mit vielen Menschen im Rollstuhl gesprochen und hier eine Marktlücke entdeckt. Alle mit denen ich gesprochen habe, meinten, das wäre eine gute Idee, das brauchen wir. Daher habe ich mich entschlossen hier ein neuartiges Angebot aufzubauen. Ich vermiete Autos mit Handgas, damit auch Menschen, die das benötigen, auf mein Mobilitätsangebot zugreifen können.

wienwork: Stellen Sie ihr Geschäft bitte vor?

Ich habe Anfang des Jahres 2024 mit meinem Unternehmen gestartet. Dazu habe ich mit Unterstützung der AUVA zwei Fahrzeuge angeschafft, die ich vermiete. Es handelt sich dabei um einen Mercedes E-Klasse und einen Mercedes Vito.

Mit diesen Fahrzeugen kann ich zwei Zielgruppen bedienen. Das sind zum einen Menschen mit Behinderung, die, so wie ich, ein Handgas Fahrzeug benötigen. Ich biete diesen Menschen Mobilität und Unabhängigkeit. Zum anderen spreche ich Touristen, v.a. aus dem arabischen Raum an. Diese Zielgruppe legt besonderen Wert auf eine Premiummarke. Deshalb habe ich mich auch für die Anschaffung von Mercedes Fahrzeugen entschieden.

wienwork: Wieso wollten Sie sich selbständig machen?

Ich hatte Schwierigkeiten einen guten Job zu finden. Ich hätte in Österreich gerne als Anwalt gearbeitet, aber meine Ausbildung wurde nicht anerkannt. Als Mensch mit Migrationshintergrund und mit Behinderung bin ich auf große Hürden in der Jobsuche gestoßen und habe viel Diskriminierung erfahren. Ich habe eine Zeit lang überlegt, eine Trafik zu übernehmen, habe ich mich dann allerdings dagegen entschieden. Letztlich habe ich mein Hobby und meine Begeisterung für Fahrzeuge zum Beruf gemacht. Eine weitere Motivation war, dass ich auch für Menschen mit Behinderung etwas bewegen und ein Angebot schaffen wollte.

wienwork: Wie erleben Sie die Selbständigkeit?

Die Selbständigkeit passt für mich sehr gut. Ich kann machen, was ich will, und meine eigenen Ideen umsetzen. Mir sind diese Freiheit und Unabhängigkeit sehr wichtig. Ich bin für mich selbst verantwortlich und kann durch meine Arbeit mein eigenes Geld verdienen. Das war und ist mir immer sehr wichtig gewesen. Die Zeit der Reha und der Untätigkeit habe ich als sehr belastend erlebt.

wienwork: Welche Rolle spielt Ihre Behinderung für Ihre Selbständigkeit?

Mein Unfall hat mich erst auf die Idee mit der Autovermietung für Menschen mit Behinderung gebracht. Ohne den Unfall wäre ich nicht auf diese Zielgruppe gestoßen und hätte diesen Bedarf nicht erkannt. Die Autovermietung für Tourist:innen hatte ich schon vorher in Planung.

wienwork: Was sind Ihre nächsten Pläne?

Ich eröffne demnächst ein neues Büro im 1. Bezirk direkt am Ring. Ich habe dort gute Räumlichkeiten zu einem vernünftigen Preis gefunden. Die „gute“ Adresse ist v.a. für meine Kund:innen aus dem Tourismusbereich wichtig. Ich erhoffe mir daraus auch neue Kund:innen anzusprechen.

Für nächstes Jahr ist Anschaffung weiterer Fahrzeuge geplant. Ich möchte einen CLA kaufen, der ist etwas kleiner als die E-Klasse und spricht v.a. Alleinreisende an. Für die Zielgruppe Menschen mit Behinderung möchte ich noch einen Vito mit Rampe anschaffen, damit auch Familien, wo ein Familienmitglied im Rollstuhl sitzt, mein Angebot nutzen können.

wienwork: Was war die größte Herausforderung, die Sie zu meistern hatten?

Meine größte Herausforderung war es die räumlichen Barrieren sowie die Barrieren im Kopf so mancher Menschen zu überwinden. Leider sind viele Geschäfte und Behörden noch nicht zu 100% barrierefrei.

Ich musste die Erfahrung machen, dass mich anfangs einige meiner Geschäftspartner:innen nicht ernst genommen haben. Die dachten nicht, dass ein Mensch im Rollstuhl dieses Vorhaben umsetzen kann. Da hat es viel Überzeugungsarbeit gebraucht.

wienwork: Was war Ihr größter Erfolg?

Mein größter Erfolg war es meine Idee endlich umsetzen zu können und zu sehen, wie es aufgeht. Dazu hatte ich die Unterstützung eines guten Netzwerkes von Personen, die auch ihren Beitrag dazu geleistet haben.

Der erste Härtetest war die Sommersaison 2024. Das war die Prüfung für mein Angebot und es ist alles gut aufgegangen. Seither weiß ich, dass mein Konzept funktioniert. Bis dahin hatte ich Sorge, dass ich es nicht schaffen kann wegen meiner Behinderung.

wienwork: Bitte beschreiben Sie Ihr Angebot für Menschen mit Behinderung und wie man Sie erreichen kann?

Unser Angebot richtet sich an Menschen mit Behinderung, die ein Handgas Fahrzeug benötigen. Aktuell haben wir einen Mercedes E-Klasse und einen Vito, die wir mit einem Handgas-System ausstatten können. Alle Menschen mit Rollstuhl können die Fahrzeuge gratis einen Tag ausprobieren. Wir bringen das Fahrzeug zu den Kund:innen nach Hause und alle können einmal Probe fahren. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich das Unternehmen nicht nur wegen dem Geld, sondern auch, weil ich anderen Menschen im Rollstuhl unterstützen möchte und ihnen Mobilität anbieten möchte, gegründet habe.

wienwork: Haben Sie Tipps für Gründer:innen?

Hier meine Tipps in aller Kürze: Geduld, Ausdauer, Beharrlichkeit und gute Markforschung.

Ich habe mich vor der Unternehmensgründung viel über meine Idee mit anderen Menschen unterhalten und viele Meinungen eingeholt. Ich habe einen guten Plan entwickelt, dann kam der Zeitpunkt, wo ich es einfach ausprobieren musste. Man kann viel nachdenken und planen, in Wahrheit braucht es aber das Ausprobieren, um zu sehen, ob eine Idee funktioniert.

wienwork: Wie haben Sie die Unterstützung durch die Gründungsberatung erlebt?

Die Gründungsberatung ist eine gute Anlaufstelle für Fragen zum Thema Selbständigkeit. Herr Weissinger war für mich immer gut erreichbar und hat viel Zeit in mich und mein Vorhaben investiert. Dafür bin ich dankbar. Es ist gut, dass es so ein Angebot für Menschen mit Behinderung gibt, denn das ist unbedingt notwendig. Unterstützung und Gespräche sind sehr viel wert, manchmal mehr wert als Geld.

 

 

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