Martin Toman übernimmt Trafik in 1230 Wien

  • Martin Toman & Gattin © Martin Toman
  • Trafik Martin Toman © Martin Toman
  • Hr. Toman bei der Arbeit © Wien Work
  • Trafik Toman Außen © Martin Toman

Wie das Leben so spielt. Martin Toman hatte nie vor eine Trafik zu übernehmen, bis er aus einer langen Arbeitslosigkeit heraus in der Selbständigkeit eine neue Chance zu einem selbstbestimmten Leben sah. Bei der Umsetzung haben wir ihn gerne begleitet.

Wien Work: Wie sind Sie auf Idee gekommen Trafikant zu werden?

Ich war 25 Jahre im Verkauf beschäftigt, davon 22 Jahre durchgehend im Außendienst tätig bis ich Ende 2013 im Alter von 49 Jahren von meiner Firma gekündigt wurde. In den folgenden zwei Jahren hat für mich die schwierige und zermürbende Zeit der Arbeitssuche begonnen. Ich habe mich bei vielen Firmen beworben und die Rückmeldungen waren bescheiden. Da wir selten bis zu Gehaltsverhandlungen gekommen sind, führe ich das Nicht-gelingen auf mein Alter zurück. Ab 50 ist es offensichtlich kaum noch möglich einen neuen Job zu finden.

Aufgrund der geringen Rückmeldungsquote war meine Frustration war schon recht groß. Ich habe über das AMS einen Projektmanagement Kurs besucht, der mir sehr gut gefallen hat. Mit einigen der Teilnehmer bin ich heute noch in Kontakt. Als mich das AMS dann im September 2015 auf den „Neue Wege“ Kurs schicken wollte war ich zuerst sehr verärgert. Ich musste hingehen und habe den Kurs als wenig sinnvoll erlebt. Der Kurs war eine reine Bewerbungsunterstützung, die ich beim besten Willen nicht mehr gebraucht habe. Doch dann habe ich einen Kursteilnehmer kennengelernt (meinen Rauchpausenpartner), der mir von der Trafik erzählt hat. Er hat sich schon viele Jahre um eine Trafik bemüht, aber es hat bisher nicht geklappt. Von ihm habe ich erste Informationen über eine mögliche Trafikübernahme erhalten und die Initialzündung gesetzt. Die Gespräche haben bei mir gefruchtet und ich habe die Zeit im Kurs genutzt um zu recherchieren was die Voraussetzungen sind und wo ich mich hinwenden muss. So bin ich dann bei der Monopolverwaltung und bei damals noch GrüZe gelandet. So gesehen ist bei mir aus einem notwendigen Übel eigentlich eine tolle Möglichkeit entstanden und ich bin aus heutiger Sicht sehr froh, dass ich „Neue Wege“ beschritten habe.

Wien Work: Welche Überlegungen haben Sie bei der Trafiksuche angestellt?

Mir war wichtig eine Trafik zu finden, die in der Nähe von meinem Wohnhaus liegt, weil ich keine großen Anfahrtswege in Kauf nehmen wollte. Ich stehe schließlich täglich viele Stunden im Geschäft, da ist jede Minute, die ich mir erspare kostbar. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Glück, dass es gerade zwei Trafiken in meiner näheren Umgebung einen Nachfolger suchten. Das waren die einzigen beiden Trafiken, die ich mir näher umgeschaut habe. Letztlich waren für mich folgende Punkte für meine Entscheidung ausschlaggebend: die Räumlichkeiten, die Sympathie zwischen mir und den Verkäufern und die Möglichkeiten bzw. das Potential, das ich in „meiner“ zukünftigen Trafik gesehen habe. Natürlich habe ich mir auch die wirtschaftlichen Unterlagen der Trafiken angesehen um zu wissen ob genug Ertrag da ist um meinen Lebensunterhalt zu decken. Da beide Trafiken in dieser Hinsicht in etwa gleich waren, habe ich mich für die Trafik entschieden, in der ich mehr Potential sah.

Wien Work: Wie geht es Ihnen jetzt?

Ich bin sehr froh, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Es geht mir auch finanziell gut, aber das Wichtige ist, dass ich mein eigener Herr bin und ich mich selbst organisieren kann.

Mein Arbeitspensum hat sich im Vergleich zu früher verdoppelt und Gehalt halbiert, aber ich weiß zumindest für wen ich arbeite und ich kann selbst entscheiden was ich mache und das ist es auf alle Fälle wert.

Wien Work: Was waren die größten Herausforderungen, die Sie zu meistern hatten?

Die gesamte Übernahme und Führung der Trafik war ein langwieriger Lernprozess, der mich immer noch begleitet. Ich war bisher immer in einem Angestelltenverhältnis und wusste eigentlich nicht so recht worauf ich mich da einlasse. Ich habe nun eine Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeiterinnen und die Verantwortung gegenüber dem Geschäft selbst. Ich habe auch Verantwortung gegenüber meiner Gattin, weil ich Teile unser gemeinsames Geldes in das Geschäft investiert habe. Das Thema Mitarbeiterauswahl ist ebenfalls völlig neu für mich. Früher habe ich mich vorgestellt, heute sitze ich hinter dem Schreibtisch und treffe Entscheidungen, die mein Geschäft und meine Zukunft beeinflussen. Es hat ein Umdenken stattgefunden, weil sich mein Leben sehr stark verändert hat.

Wenn ich krank war konnte ich nicht in die Arbeit gehen und habe mich krank gemeldet. Jetzt kann ich zwar zu Hause bleiben, aber wer macht meine Arbeit? Ich muss trotzdem für das Geschäft da sein. All das war eine große Umstellung für mich!

Wien Work: Wie blicken Sie in die Zukunft?

Auf Basis meiner momentanen Situation blicke ich grundsätzlich optimistisch in die Zukunft. Sobald ich meine Bürokratie im Griff habe und alles hat sich normalisiert, dann möchte ich mehr Aufgaben an meine Mitarbeiterinnen abgeben. Ich wähle meine Mitarbeiterinnen auch entsprechend aus, dass sie mich im Ausnahmefall vertreten können.

Die Rauchergesetzgebung belastet mich nicht. Ich mache aus den Rahmenbedingungen das Beste und versuche mich damit zu arrangieren. Gesetze kann ich nicht ändern. Ich kann nur damit versuchen zu leben.

Wien Work: Wie haben Sie die Begleitung durch die Gründungsberatung erlebt?

Ich habe Unterstützung bei der Bilanzinterpretation benötigt, eine Planung für die Bankfinanzierung und Unterstützung bei der Beantragung der Förderung vom Sozialministeriumservice. Die Begleitung durch die Gründungsberatung habe ich sehr positiv erlebt, auch weil ich zu diesem Zeitpunkt für jede Unterstützung dankbar war, da ich von der Materie noch so wenig Ahnung hatte. Insofern habe ich im Beratungsprozess viel gelernt und wertvolle Information erhalten. Wichtig war schon auch meine Eigeninitiative und, dass ich keine Berührungsängste hatte um mir die Informationen zu holen. Ich halte es mit dem Motto lieber eine Frage zu viel als einmal zu wenig fragen. Ich kann nicht sagen ob ich heute da wäre wo ich bin ohne die Gründungsberatung.

Wien Work: Das Geheimnis ihres Erfolges?

Ich denke das oberste Gebot sind meine freundlichen Umgangsformen mit den KundInnen. Das erwarte ich auch von meinen Mitarbeiterinnen, dass sie diese Einstellung mitgetragen. Ich glaube außerdem, dass ich ein Auge für die Bedürfnisse meiner KundInnen habe. Man kann nicht alles haben, aber man zumindest den Großteil abdecken. Bei einem Stammkundenanteil von rd. 90% spielt das schon eine große Rolle. Ich nenne es immer das Auge für das Wesentliche: dazu gehört auch das Geschäft in Ordnung und sauber zu halten und freundlich zu bleiben. Das sind letzten Endes auch die Dinge, die meine KundInnen positiv anmerken. Ich habe auch einiges in diese Richtung unternommen, indem ich das Mobiliar erneuert habe, die Beleuchtung neu gemacht und das Geschäft ausgemalt habe. Es waren keine großen Investitionen, aber die Summe aller Maßnahmen lassen das Geschäft hell und freundlich wirken und die KundInnen fühlen sich wohl.

Wien Work: Letzte Worte?

Prinzipiell bin ich froh, dass ich den Schritt in die Selbständigkeit gewagt habe. Ich bin sehr froh über die positive Entwicklung des Geschäfts und hoffe, dass es so weiter geht.

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